Kronos ist das 47 Jahre nach seinem Tod veröffentlichte „Intime Tagebuch“ des bedeutenden polnischen Autors und Tagebuchschreibers Witold Gombrowicz, dessen ihm nachgesagte Egomanie ihn ein Leben lang begleitet hat.
Auch im argentinischen Exil, das zeitlich den größten Raum einnimmt, im Rahmen eines Lebens, das vor allem von ihm selbst, Gombrowicz bestimmt war. Zitat: Montag: ich, Dienstag: ich, Mittwoch: ich, Donnerstag: ich etc.
Erst spät nach der Rückkehr aus dem Exil nach Frankreich ist Rita in sein Leben getreten, die der Autor sogar geehelicht, vor allem aber mit der Verwaltung seines Nachlasses betraut hat. Ihr ist es zu danken, dass uns seine intimen Aufzeichnungen erhalten blieben. Obgleich sie selbst nicht immer gut darin wegkommt und manche Kritik an ihrer Person erdulden muss.
Wahr ist aber auch, dass der Untertitel des 357 Seiten umfassenden Werks in die Irre führt. Insoweit, als seine intimen, sexuell motivierten Begegnungen den geringsten Raum einnehmen und nur als eine Art Strichliste nachzuvollziehen bzw. zu ahnen sind; offen lassend, es in seinen jeweiligen Partnern mit solchen männlichen oder weiblichen Geschlechts zu tun zu haben. Sodass großenteils nur zu ahnen ist, dass auch Homoerotik mit dabei im Spiel ist. Wie beispielsweise im Rahmen seiner Streifzüge in der Gegend des Hafen zu Buenos Aires.
Auch eine den Autor betreffende und ihm nachgesagte Anekdote lässt ahnen, wie es in dieser Hinsicht um ihn bestellt war, auf die er selbst sich natürlich nicht bezieht, weil sie nicht eines für ihn peinlichen Aspekts entbehrt. Was gleichwohl in Verbindung damit eine Rolle spielt.
Bezogen auf eine Begegnung mit dem französischen Autor und Dichter Jean Genet in den 1960iger Jahren in Paris. Der bekannt dafür war, im Umgang mit anderen, bei der ersten Begegnung mit ihnen, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wenn es sich darum handelte, dessen jeweilige sexuelle Orientierung in Erfahrung zu bringen. Schwul oder nicht? Genauso hat er es anlässlich der gemeinsamen Teilnahme daran auch im Rahmen einer Abendgesellschaft gehandhabt, bei der Gombrowicz mit der ihn bestürzenden Frage Genets danach konfrontiert war. Was dem darauf Angesprochenen panikartige Zustände beschert haben soll. Mit der Folge sein Pariser Hotel ab diesem Zeitpunkt nicht eher zu verlassen gewagt zu haben, ohne sich zuvor im Blick aus dem Fenster von Genets Abwesenheit überzeugt zu haben; gepeinigt von der Furcht davor, ihm als Schwuler an der nächsten Straßenecke aufzulauern.
Im Besonderen beschränkt sich der Inhalt von Kronos vor allem aber auf eine penible Auflistung von Gombrowicz‘ Magen und Darm-Problemen, finanziellen Verhältnissen, häuslichen Anschaffungen, oder darauf, dass ihm der Nobelpreis zum Greifen nahe erschien.
Für ihn und sein Werk ist es aber nicht von Bedeutung, ihn auch erhalten zu haben oder übergangen worden zu sein. Weil es für sein Werk keine Rolle spielt, es in ihm hierzulande mit dem Großen Unbekannten zu tu zu haben, wenn auch nicht in der polnischen Literatur.
Dessen Hauptinteresse in den von ihm verfassten Werken sich vor allem und in erster Linie auf den Zustand des Unbewussten bezieht und des Stadiums adoleszenter Unreife, in dem seine Protagonisten befangen sind, um damit im Kopf und Herzen des Lesers Verwirrung zu stiften. Im Zustand überwiegender Schwebe befangen und sie auszeichnender Unvollkommenheit.
Und auf der Ebene der Fantasie, die dem Autor die Feder führt, nicht um handfeste Tatsachen zu schaffen, sondern manches, was ihn umtreibt, offen, sprich in der Schwebe zu lassen, und gleichzeitig in Verbindung nichts offen zu lassen, sondern alles zu sagen, wonach es ihn verlangt, auch das gemeinhin Unsagbare.