Erfindung des Glücks

Ein Moment des Glücks besteht für mich im Verzicht auf die bildliche Darstellung und Reduktion auf die Absicht, mich vorzugsseise der Sprache zu bedienen, zur Herstellung von Bildern im Kopf. Um damit der Anregung der Phantasie zu dienen, im mich  ein Leben lang begleitenden Wunsch, die eigenen Grenzen weiter zu stecken und durchlässig zu gestalten, also zu vermeiden, auf der Stelle zu treten, sondern mich Schritt für Schritt voranzubewegen,  im Bedürfnis ans Ziel zu gelangen, um alle Lebensbereiche einbezogen zu erfahren, im Sinne der Herstellung des Zustands relativen Glücks, als einer tief in meinem Bewusstsein verankerten Erfahrung der Gewissheit meiner Selbst und der Welt. Um damit eine Schneise zu schlagen – mitten durch das Dickicht widerstreitender Gefühle und Empfindungen, als Gegengewicht zur Gefahr einer drohenden Niederlage.  Zur Kompensation der Abwesenheit des Glücks und Zustands der Zufriedenheit, als Ersatz dafür.

Jean Rhys hat es sich als englische Autorin nicht nehmen lassen, auf folgenden Tatbestand aufmerksam zu machen:  „Wenn ich die Wahl hätte, glücklich zu sein, oder zu schreiben, wäre ich lieber glücklich“.

Und Raymond Roussel, Autor des Romans „Locus Solus“ und des Stücks „Sonnenstaub“ hat sich dazu bekannt, mit Ausnahme seiner Kindheit keinen Moment des Glücks gekannt zu haben.

Jean Cocteau, ein unermüdlicher Rittter des Glücks den die Jagd danach ein Leben lang begleitet hat, war es der Roussel bescheinigt hat, als Autor über eine durch niemanden übertroffene Lauterkeit und Reinheit zu verfügen.

Während der französische Autor und Philosoph La Rochfoucauld davon überzeugt war,  dass das Glück in uns selbst liegt und nicht in den Dingen.

Und laut Marquis de Sade (Autor des epochalen Werks „Die 20 Tage von Sodom oder Die Schule der Ausschweifung“) ist das Glück tief in unserer Einbildungskraft verankert, über die er bekanntlich in unübertroffenem Maß verfügte. Um dafür mit einem Gefängnisaufenthalt in der Pariser Bastille zu bezahlen. Im Rahmen des ihn bestimmenden Lebensziels, zur  Wahrheit des Lebens und der Liebe durchzudringen, als der Essenz davon – ungeachter ihres ebenso flüchtigen, wie zweifelhaften Charakters.

Für Orhan Parmuk, den türkischen Autor und Nobelpreisträger entspricht das Glück – in seiner Nobelpreisrede –  einem Gebot der Vernunft: „Ich schreibe, weil ich nicht glücklich bin; ich schreibe, um glücklich zu sein“.

Und für James Baldwin – den schwarzen, schwulen Autor des Romans „Giovannis Room“ und der Bekenntnisschrift „Go tell it from the Mountain“ – basiert der Zustand der Abwesenheit individuellen Glücks in dem für ihn charakeristischen Selbsterkenntnis: „Ich bin großgeworden im Gefängnis meiner schwarzen Haut“.