Trouble in Berlins qeerer Community

Die Schwulenberatung Berlin leistet seit über 35 Jahren eine unersetzliche Arbeit in der Beratung und Unterstützung von Menschen in der Queeren Community, die aus den unterschiedlichsten Gründen darauf angewiesen sind. Längst nicht mehr ausschließlich für ihre traditionelle schwule Klientel, sondern für alle Menschen unabhängig von ihrer jeweiligen Orientierung.Der Lebensort Vielfalt ist nur ein herausragendes Beispiel dafür und das Ergebnis von zehn aufregenden Jahren, in denen es allen Beteiligten gelungen ist, eine unersetzliche Überzeugungsarbeit zu leisten, von der Notwendigkeit eines solchen Projekts, das uns nicht in den Schoß gefallen ist, sondern erkämpft werden musste und durchgesetzt, gegen den Widerstand aus Politik und Gesellschaft, auch aus den eigenen Reihen.

Um das zu erreichen haben wir Tausende von Unterschriften gesammelt, unzählige Briefe geschrieben und Infostände dafür genutzt, um die Notwendigkeit eines solchen Projekts in den Köpfen und Herzen von Menschen zu verankern, die uns anfangs mit Skepsis und Abwehr begegneten.

Die häufigste Reaktion jüngerer schwuler Menschen: „Sehe ich echt  schon so alt aus, um das nötig zu haben?“ Was auch Auskunft darüber gab, wie groß die Kluft war – zwischen jüngeren und älteren schwulen Menschen in der Community. Der Lebensort Vielfalt hat durch sein Konzept – alt und jung, Männer und Frauen gemeinsam unter einem Dach – mit dazu beigetragen, dass diese Kluft inzwischen etwas kleiner geworden ist. Als Ergebnis der Arbeit des „Netzwerks Anders Altern“ der Schwulenberatung Berlin. Im Verbund mit allen im Projekt BALSAM (Berliner Arbeitskreis von lesbischen und schwulen alten Menschen) vernetzten Projekten. Die alle im Vorfeld in die Diskussion und Auseinandersetzungen um den Lebensort Vielfalt einbezogen waren. Darunter auch die Frauen von RuT. Die dem anfangs noch skeptisch begegneten. Weil sie davon ausgingen, dass solch ein Mammutprojekt nicht den Bedürfnissen lesbischer Frauen entspricht, weil sie lieber in kleinen, überschaubaren Einheiten,  WG’s zusammenleben.

Dass sich das geändert hat finde ich toll. Und empfinde ich auch ein wenig als das Ergebnis der positiven Ausstrahlung des Lebensort Vielfalt, der bewiesen hat, dass es geht. Und ich begreife und verstehe, dass die Ungeduld der Frauen wächst und zunimmt. Unterm Eindruck, für die Politik keine vergleichbare Rolle wie die schwulen Männer zu spielen, sondern nur unter ferner liefen zu rangieren. Was nicht ihrer wahren Bedeutung als gesellschaftliche Mehrheit entspricht. Ich sage nur: 51 %. Wichtig ist aber, zu begreifen, dass den Schwulen ihre Erfolge nicht in den Schoß gefallen sind. Als Ergebnis jahrelanger erfolgreicher Überzeugungsarbeit.

Wahr ist auch, dass schwule Männer keinen Alleinvertretungsanspruch darauf haben. Weil solche Projekte, wie der Lebensort Vielfalt, dazu dienen, uns bewusst zu machen, ein Modell auch für andere gesellschaftliche Gruppen zu sein, unabhängig von ihrer jeweiligen sexuellen Orientierung. Beispielsweise im Fall von Singles, die in Berlin überproportional vertreten sind und sich in der Regel im Alter nicht auf die Unterstützung ihrer Herkunftsfamilie verlassen können und das auch nicht wollen. Entsprechend ihrem Anspruch, ihr Leben selbst auf die Reihe zu kriegen.

Vor dem Hintergrund des demographischen gesellschaftlichen Wandels ist es an der Politik  – im Fall Berlins am Rot/Rot/Grünen Senat – die entsprechenden Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür zu schaffen – für eine altersgerechte Unterbringung, entsprechend unseren Bedürfnissen – als Schwule, Lesben, Bi, Inter- oder Transsexuelle Menschen oder ganz gewöhnliche Heterosexuelle.

Es ist auch Aufgabe der politisch Verantwortlichen das unwürdige Geschachere und die unselige Konkurrenz zwischen Schwulen und Lesben, im Fall des umstrittenen Grundstücks auf der Schöneberger Linse zu beenden und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Ansprüchen beider Gruppen gerecht zu werden. Auf der Grundlage der Einsicht in diese Notwendigkeit und unter Einsatz des entsprechenden politischen Willens, als Ergebnis davon.

Die Besetzung von Einrichtungen der Schwulenberatung ist unangenehm aber ein symbolischer Akt und könnte dazu beitragen, die Forderung nach einem Projekt für Frauen zu unterstreichen. Wenn ein Bewusstsein dafür besteht, dass sie sich nicht gegen die Schwulenberatung als Konkurrenten richtet, um sie dafür anzugreifen, dass sie das Interesse ihrer Klientel vertritt, um diesen zu ihrem Recht zu verhelfen. Wie es auch dem Interesse von in diesem Fall lesbischer Frauen entspricht. Alles andere wäre wenig hilfreich.

Im Vorfeld des 40. CSd in diesem Jahr habe ich mich dafür entschieden das Projekt des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses als von Queer Nations geplantem und beabsichtigten queeren Kulturzentrum zu unterstützen. In dem neben lesbischen Einrichtungen wie dem Lesbenarchiv Spinnboden oder schwulen Einrichtungen, wie dem Schwulen Museum* auch andere – queere Projekte – untergebracht werden sollen. Ich begrüße diese Initiative vor allem auch, weil sie das erste gemeinsame queere Projekt ist, das nicht, wie in der Vergangenheit, entweder von einem lesbischen oder schwulen Interesse ausgeht, sondern den Anspruch der Gemeinsamkeit erhebt und fördern soll.

Wie es auch der Intention und Absicht des alljährlichen CSD entspricht. Viele Frauen gingen noch vor zehn Jahren davon aus, es in ihm mit einem reinen Männerding zu tun zu haben. Was aber von Anfang an – seit dem 30. Juni 1979 – nicht seiner Intention und Absicht entsprach. Weil Lesben und Schwule von Anfang an – trotz Initiative einer Handvoll schwuler Männer – gleichberechtigt miteinbezogen waren. Dafür gibt es viele fotografischen und filmische Zeugnisse und Dokumente, die alle im Schwulen Museum* untergebracht und zu besichtigen sind. Wo auch inzwischen die Handschrift lesbischer Frauen zu spüren ist.

Ich wünsche mir das Elberskirchen-Hirschfeld-Haus als ein Leuchtturmprojekt – zur  Verwirklichung unserer gemeinsamen Ziele – und zwar mit- und nicht gegeneinander.

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