„Als Schwule hätte man euch unter Hitler alle vergasen sollen!“ – lautete die extreme Reaktion zufälliger Passanten auf dem Kudamm in Berlin – anlässlich der ersten Demo von Lesben und Schwulen zu Pfingsten 1973 .
Was für mich beim Flugblattverteilen Anlass war, nicht die Augen davor zu verschließen. Erstmals unmittelbar davon betroffen, weil solche sprachliche homphobe Gewalt in dieser extremen Ausformung neu für mich war: auf mich überraschende Weise damit konfrontiert, weil ich gedanklich schon viel weiter war. Nachvollziehbar als unsanfte Landung in der Wirklichkeit.
Seit meinem Wechsel nach Berlin Ende der 1960er Jahre damit vertraut, über die Möglichkeit des Eintauchens in die meine Individualität gewährleistende Anonymität der Großstadt zu verfügen. Um sich mit der Zeit jedoch zunehmend zu verflüchtigen. Immer dann, wenn es sich darum handelte, ernst damit zu machen, Farbe zu bekennen. Vor allem das Kranzlereck am Kudamm war damals als Schauplatz kontroverser Auseinandersetzungen berüchtigt. Beispielsweise dann, wenn es sich darum handelte, einen darauf aufmerksam zu machen, wenn ihm was nicht passt, jederzeit über die Möglichkeit zu verfügen, sich nach drüben zu verziehen. Was auch mir als Anstoß dazu diente, mich um eine Erweiterung meines Horizonts zu bemühen. Durch regelmäßige Besuche im Ostteil Berlins. Oder aber im Rahmen der Notwendigkeit meines parallel verlaufenden Outings im Westteil der Stadt – vor dem Hintergrund der seit 1973 wachsenden Forderung, das eigene Schwulsein öffentlich zu machen. Sowohl im jeweiligen Freundskreis, in der Familie, als auch am Arbeitsplatz.
Was für mich damals, dank liberalen beruflichen Umfelds im Rahmen der größten Buchhandlung West-Berlins, Kiepert am Knie, als meinem Arbeitsplatz, leichter machbar war, als für Angehörige anderer Berufsgruppen. Lehrer beispielsweise. Die im Fall eines Outings vor ihrer Klasse die fristlose Entlassung aus dem Schuldienst befürchten mussten. Oder Tunten, für die dergleichen ebenfalls weniger leicht zu verkraften war, dank Kritik an ihrem andere provozierenden Erscheinungsbild. Wovon sie selbst innerhalb der eigenen Reihen betroffen waren. Beispielsweise bei der bereits erwähnten lesbisch/schwulen Demo auf dem Kudamm, zu Pfingsten 1973. Gipfelnd in der Forderung mancher männlichen Teilnehmer nach ihrem Rausschmiss. Als Ausdruck des damals noch ungebrochen wirksamen schwulen Selbsthass.
Der auch im Rahmen der Auseinandersetzung darum in der HAW (Homosexuelle Aktion Westberlin) spürbar war. Oft in Verbindung mit der zuweilen vertretetenen These, es in der Unterdrückung der Homosexualität mit einem Nebenwiderspruch im Klassenkampf zu tun zu haben. Dem Tunten, dank femininen Erscheinungsbilds, mit dem Vorschlag zur Einführung des Rosa Winkel schwuler KZ-Häftlinge als gemeinsamem Emblem und Erkennungszeichen begegneten. Um auch denen die Möglichkeit zum Selbsbekenntnis zu bieten – nach dem Motto „Ich bin schwul“ – die äußerlich nicht unmittelbar als Homo identifizierbar waren. Was nach marxistisch geprägter Vorstellung nach Vollendung der kommunistischen Revolution keine Rolle mehr spielen sollte. Wie am Beispiel der kubanischen Revolution nachvollziehbar. In deren Rahmen Schwule in einem Atemzug mit anderen konterrevolutionären Erscheinungsformen zu nennen waren. Zumal China war für die Leugnung homosexueller Lebensweisen bekannt und dafür berüchtigt, sie als Auswüchse kapitalistisch organisierter Gesellschaftsformen zu brandmarken. Auch Russland war ein Beispiel dafür, dass die Theorie an der Lebenswirklichkeit Betroffener scheitert, im Rahmen des sogenannten realen Sozialismus. Weshalb solche in der HAW damals vertretenen Auffassungen über keine breite Basis verfügten.
Um im Rahmen unvermeidlichen sogenannten Tuntenstreit zu gipfeln. Mit dem Ergebnis der krachenden Niederlage der Tunten im Plenum der HAW, mit der Folge, dass der Rosa Winkel ab diesem Zeitpunkt ungeachtet dessen fester Bestandteil unseres Bewusstseins und der persönlichen Erfahrungswelt jedes einzelnen von uns war. Um damit zum Niedergang der HAW und der Aufgabe ihres Alleinvertretungsanspruchs für alle Schwulen in Berlin beizutragen. Abgelöst durch die Spaltung in die AHA (Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft) einerseits, und das 1977 gegründete SchwuZ andererseits. Als der Heimat derjenigen, die immer noch von der durch den Aufstand im Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street (1969) und Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers…“ (1971) ausgelösten Aufbruchstimmung bestimmt waren.
In Verbindung mit der ich zahlreichen Menschen begegnet bin, die mich stark geprägt und beeinflusst haben. Als seitdem unveräußerlichem Bestandteil meiner Erinnerung an sie. Unter denen Andreas Pareik einen herausragenden Rang einnimmt, der sich 1978 gefallen hat, mich zur Mitarbeit in der von ihm und anderen damals gegründete BSZ (Berliner Schwulen Zeitung) einzuladen. Von der, auf seine Anregung hin, die Initiative zum ersten CSD am letzten Sonnabend im Juni 1979 in West-Berlin ausging. Mit Andreas als demjenigen, der die Veranstaltung damals als politische Demonstration bei der Polizei angemeldet hat. Verbunden mit der prophetischen Voraussage von ca. 500 zu erwartenden Teilnehmer_Innen. Denen nicht allen das SchwuZ als Bezugspunkt und Heimat diente, weil auch Angehörige der AHA und zahlreiche Lesben aus dem Umfeld des LAZ (Lesbisches Aktionszentrum), sowie eine Minderheit von Sympathisanten des damaligen MSC (Motorsport Club Berlin) als Teilnehmer beteiligt waren. Als Ergebnis dessen, uns gefallen zu haben, uns nicht auf die Gremien der Community zu verlassen, mit der Folge wochenlanger fruchtloser Diskussionen, um selber einen Flugblattaufruf zum ersten CSD in Berlin zu verfassen, mit dem wir wochenlang in der damaligen Subkultur unterwegs waren.
Im SchwuZ selbst war damals neben der BSZ und dem bereits 1975 gegründeten Verlag rosa Winkel auch die Gruppe „Schwuler Literarischer Salon“ beheimatet, der sich des SchwuZ gleichfalls als Treffpunkts bediente. Mit mir als Mitinitiator und aktivem Mitglied der Gruppe, von der im Herbst 1978 die Initiative zum Workshop Schreibende Schwule ausging. Wozu zum fraglichen Zeitpunkt, an drei Tagen im November – zwischen dem 17. und 21.11 1978 – unterm Dach des SchwuZ – neben Teilnehmern aus Berlin auch solche versammelt waren, die eigens aus Westdeutschland angereist waren. Um sich durch ihre Teilnahme zum Austausch über ihre Gedichte, Texte und Meinungen inspirieren zu lassen. Vor dem Hintergrund teilweise kontroverser Diskussionen über die Notwendigkeit einer schwulen Ästhetik.
Rolf Stürmer aus München (Mitbegründer des schwulen Buchladens Sodom) hat sich beispielsweise mit dem Vortrag von Gedichten und Tagebuchaufzeichnungen und mit seiner charismatischen Persönlichkeit einen Namen gemacht. Ebenso wie Ebi Bechtle, obgleich er damals nicht persönlich anwesend war, aber mit einem Reinhard v. d. Marwitz (Anderes Ufer, Schwuchtel, Albino Verlag) zu verdankenden Vortrag eines seiner Gedicht präsent: Amerikanisches Lied. Beiden jungen Autoren war damals ein überraschend neuer Klang und Tonfall gemeinsam und eine Frische und Authentizität des Ausdrucks, wie er nur an wenigen anderen von uns nachvollziehbar war.
Auch Mario Wirz ist damals mit dem herausfordernden Pathos seines Auftretens und Vortrags seiner Gedichte in Erscheinung getreten. Ein Autor, der sich später auch mit seinem tief berührenden nächtlichen Bericht Es ist spät, ich kann nicht Atmen in unser Bewusstsein eingeschrieben hat, als Selbstreflexion eines HIV-infizierten schwulen Autors.
Ehe es soweit war, sich auch in literarischer Form damit zu befassen und auseinander-zusetzen, bedurfte es jedoch der tiefgreifenden Erfahrung des unmittelbaren Umgangs damit – aller, nicht nur persönlich davon Betroffener. Vor dem Hintergrund der sich ab diesem Zeitpunkt spürbar verflüchtigenden Aufbruchstimmung der 1970iger Jahre. In Erinnerung daran auch als Erfahrung des Verlusts des Zustands der Unschuld, wie sie für die Zeit des Aufbruchs der 1970er Jahre, nachvollziehbar war.
Dem war der entspannte, aber nicht konfliktfreie Versuch junger schwuler Autoren in Berlin vorausgegangen, sich im Rahmen des Schwulen literarischen Salons (SchwuLit) eines neuen, nicht ausschließlich an ihrer Individualität orientierten, sondern gemeinschaftlichen Selbstverständnisses zu versichern. Vor dem Hintergrund der Emanzipationsbewegung Schwuler in den 1970iger Jahren. Als ihrem Beitrag dazu, wie er auch im Rahmen der Teilnahme am Workshop schreibend Schwule als Motivation spürbar war. Was auch insoweit Spuren hinterlassen hat, als mit ihm die Spaltung der Gruppe besiegelt war. Als Geburtsstunde der aus dem Salon hervorgegangenen Gruppe SchwuLit (Schwule literarische Werkstatt), die sich vom Salon durch mehr Praxisbezug und ein geringeres ideologisch orientiertes Auseinandersetzungsbedürfnis unterschied. Gipfelnd in der Herausgabe der Dokumentation Workshop schreibende Schwule, in der alle in diesem Rahmen vorgetragene Texte und Gedichte versammelt waren. Es trifft nicht zu, wovon an anderer Stelle die Rede ist, dass darüberhinaus Hans Eppendorfer und Herbert Tobias, sowie Jürgen Baldiga daran beteiligt waren, Letzterem bin ich erst im folgenden Jahr nach seiner Ankunft in West-Berlin begegnet.
Durch die positive Resonanz darauf angeregt, ist im Herbst des folgenden Jahres, 1979, im Verlag Rosa Winkel, die Anthologie Milchsilber. Wörter und Bilder von Schwulen erschienen. Unter Herausgeberschaft der Gruppe SchwuLit. In Gestalt von Nico Würtz, Lothar Voth und mir. In der Nachfolge der zwei Jahre zuvor von Elmar Kraushaar im selben Verlag herausgegebenen Anthologie Schwule Lyrik Schwule Prosa. Als zwei unabhängige, einander nicht widersprechende oder konträre, sondern entsprechende Publikationen, um damit das ganze Spektrum schwuler Kreativität abzubilden und im Fall von Milchsilber neben Textbeiträgen auch die visuelle Erfahrungsebene mit einzubeziehen. Mit damals 2000 gedruckten Exemplaren war diesem Projekt ein eher bescheidener Publikumserfolg beschieden. Der in etwa dem der BSZ entsprach, mit ebenfalls 2000 Expl. Auflage. Fakt ist aber auch, dass die Initiative zum ersten Berliner CSD 1979 durch Andreas, mich und andere, mit seinen damals ca. 500 Teilnehmern, als Auftakt zu einer seitdem nicht mehr abreißenden Erfolgsgeschichte zu bewerten ist.
Vor dem Hintergrund aller derjenigen, die sich damals gefallen haben, sich auf dem Parkett der jungen schwulen und politisch bewussten Szene West-Berlins zu tummeln und einen Namen zu machen. Wie beispielsweise im Fall des mit Anfang zwanzig damals noch blutjungen Jürgen Baldiga. Den es aus dem Ruhrpott nach Berlin verschlagen hat. Als Stricher und schwuler Prinz der Westberliner Subkultur, der sich neben eigenen frühen Publikationen und Auftritten in der Szene auch als Coverboy der BSZ, samt aufregenden Titelbilds und Interviews von mir einen Namen machte und früh Aufsehen erregte.
Was auch am Teilnehmer und Mitbegründer der Malschule der Neuen Wilden in Berlin – Salomé – nicht spurlos vorüberging. Als Förderer seines Talents, im Sinn eines sich wechselseitig beflügelnden Austauschs und gegenseitiger Ermutigung – insbesondere des Jüngeren durch den unwesentlich Älteren. Womit Jürgen Baldiga damals einen wichtigen Zuspruch erfahren hat. Zitat Salomé: „Du schaffst das, Honey, mach das!“ Um damit zu einer erheblichen Förderung des Selbstbewusstseins Jürgens beizutragen, der mit spürbarem Elan in der Szene West-Berlins unterwegs war. Ehe er sich später als fotografischer Wegbegleiter und Chronist seiner queeren Szene einen Namen machte. Dessen Foto in Gestalt eines Porträts des von seiner HIV-Infektion Gezeichneten, mit Vollbild AIDS, samt Kaposisarkoms, anlässlich eines Welt-AIDS-Kongresses, 1994, auf allen Pariser Litfaßsäulen zu besichtigen war.
AIDS war auch eine verbindende Erfahrung für all jene jungen schwulen Autoren, die neben Jürgen die von Nico Würtz und mir betreute und herausgegebenen Maldoror Flugschriften für erste aufregende Veröffentlichungen nutzten. Was neben Baldiga (Breitseite) und Eberhard Bechtle (ADA Teeblätter Comics/Gedichte der Nacht) – in Kooperation mit seinem Eigenverlag Wald&Welt – noch den jungen Schweizer Autor Peter Baschung (Sucking Boys) betrifft. Sowie Manfred Semmelbauers Poem „Michael“, in dem er seinem gleichnamigen Geliebten und Gefährten, zur Erinnerung an dessen frühen Unfalltod im Alter von Mitte zwanzig Jahren, ein literarisches Denkmal schuf. Lange bevor Manfred selber sich 1989 für immer von uns verabschiedet hat, war Ebi Bechtle 1986 im Alter von 26 Jahren davon betroffen. Dessen bereits in früher Jugend diagnostizierte Leukämieerkrankung das Krankheitsbild AIDS sicherlich beschleunigt hat.
Anhand seiner 1992 posthum in der Marburger Basiliskenpresse veröffentlichten und auszugsweise in den Münchner Akzenten abgedruckten Mikrogeschichten „Die Umgebung der Welt“ (Hrsg. Bettina Augustin) lässt sich unschwer nachvollziehen, mit ihm den Verlust einer wesentlichen Stimme im Bereich schwuler Literatur zu beklagen zu haben. Der über die denkbar besten Voraussetzungen verfügte, es auf diesem Gebiet noch sehr viel weiter zu bringen. Dank viel zu frühen Verstummens zu Unrecht in Vergessenheit geraten, hat er sich ungeachtet dessen tief in meine Erinnerung an ihn eingeschrieben. Vor dem Hintergrund gemeinsamer Auftritt – zusammen mit seinem Freund und Lover Carla Cadavre alias Frank Hermann und dessen Truppe Les Chaud Show Sisters. In deren Auftrittspausen wir gelegentlich unsere Texte und Gedichte zum Vortrag brachten. Mit der damaligen Kleist Quelle (heute New Action) als Rahmen. Aber auch anlässlich eines gemeinsam mit beiden, Ebi und Carla, absolvierten Auftritts in Münchens erstem schwulen Buchladen Sodom.
Im Fall Jürgen Baldigas dient mir ein wunderbares, Helmut Röttgen zu verdankendes Foto von ihm als Stütze meiner Erinnerung an ihn. Das erstmals 1982 in der BSZ zu besichtigen war, als rotzfreche Selbstdarstellung des jungen Protagonisten der schwulen Szene Westberlins in den 1980iger Jahren. Mir innerhalb der vier Wände meiner Maisonetten-Dachgeschosswohnung im Lebensort Vielfalt (einem Projekt der Schwulenbewegung Berlin) jeden Tag gegenwärtig, Um auch mit seinem Grab auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof in der Schöneberg, wie viele andere, über einen Ort der Erinnerung an ihn zu verfügen. Dessen Todestag am 4. Dezember 1993 sich 2018 zum 25. mal jährt.
In der Schwulenberatung Berlin habe wir es mit jener Einrichtung zu tun, an deren Gründung auch Andreas Pareik 1981 beteiligt war (vor seinem endgültigen Abschied 1982, als Opfer eins Autounfalls mit tödlichem Ausgang für ihn). In Gestalt der damaligen lesbisch/schwulen Komuniktions- und Beratungsstelle in der Kreuzberger Hollmannstraße. Im Jahr ihres 30. Jubiläums genoss ich 2011 das Privileg, als erster meinen Mietvertrag unterschreiben zu dürfen, gekrönt vom 2012 vollzogenen Einzug in das geschlechterübergreifende Mehrgenerationen-Wohnprojekt. In dem ich jetzt im siebten Jahr untergebracht bin, mit Ausblick auf einen Garten, den die Bewohner/innen des Hauses gemeinsam im Lauf der vergangenen Jahre aus einer wüsten Brache in eine blühende Landschaft verwandelt haben.
Was leider nicht auf den Zustand schwuler Kreativität und Literatur übertragbar ist. Die sich vor allem, soweit überschaubar, um einen hohen Unterhaltungswert bemüht. Vor dem Hintergrund einiger an den Fingern einer Hand abzuzählender schwulen Verlage, die sich inzwischen vom Prinzip der Selbstausbeutung der vergangenen Jahrzehnte verabschiedet haben und damit den Anspruch verbinden, von ihrer Arbeit zu leben. Was nur mittels Befriedigung des Unterhaltungsbedürfnis ihres schwulen, Publikums gelingt, wie es beispielsweise der Verlag Bruno Gmünder über die Jahre hin erfolgreich praktiziert hat. Der inzwischen, vor dem Hintergrund des digitalen Zeitalters, in eine nicht wieder zu behebende Schieflage geraten ist und sich verabschiedet hat. Während sich andere Verlage inzwischen dafür anbieten, schwulen Autoren als Forum zu dienen, um dem Unterhaltungsbedürfnis ihrer Kunden mithilfe von Krimis, Liebesgeschichten, Sexratgebern oder Einhandlitetatur zu dienen. Die über einen gewinnträchtigen Aspekt verfügen. Weil es in ihrem Rahmen möglich ist, Auflage zu machen und wirtschaftliche Erfolge zu erzielen. Während der Bereich kreativer, innovativer Ausdrucksformen von Autoren, Fotografen, Zeichnern keine Rolle mehr spielt, wenn man vom Sonderfall des Königs des schwulen Comics absieht.
HIV/AIDS hat auch in dieser Hinsicht ganze Arbeit geleistet, weil das Virus die Szene junger schwuler Künstler, Autoren und Fotografen in den 1980iger und 1990iger Jahren spürbar dezimiert hat. Dank damit verbundenem schmerzlichem Aderlasses, von dem sich die Szene seitdem nicht mehr erholt hat.
Einer Gruppe junger kreativer und innovativer schwuler Autoren, wenn es sie geben sollte, wäre zu wünschen, sich nicht mit sie knebelnden Verlagsverträgen einfangen zu lassen, die sie zum Erfolg verdammen und hoffnungsvolle Ansätze zu ersticken drohen. Wie im Fall eines mir sehr sympathischen Autors in mittleren Jahren, der sich von der jahrelangen Mitarbeit in einem bekannten Verlagshaus inzwischen verabschiedet hat, um sich künftig mit einer Lebenshilfepraxis über Wasser zu halten. Obwohl er dergleichen dementiert, würde ich mir wünschen, uns doch vielleicht noch mit dem einen oder anderen Manuskript aus seiner Schublade zu überraschen. Ungeachtet des zu erwartenden, nicht zu verachtenden Unterhaltungswerts. Dessen Abwesenheit ich nicht zum Dogma erheben möchte. Anderen würde ich empfehlen, sich unabhängig davon ihre Sporen zu verdienen. Um ihre Möglichkeiten mithilfe des Internets und dessen digitalen Selbstpublishingplattformen zu erproben und auszuloten. Ehe sie sich vielleicht entschließen, unter fremder Flagge zu segeln, um die Miete zu zahlen und den Magen zu füllen. Um doch die eine oder andere Klippe mit Erfolg zu umschiffen. Im Rahmen zahlreichen Orte schwuler Selbstverwirklichung, Reflexion und Konfusion. Um ihrerseits Spuren zu hinterlassen, in der Nachfolge aller derjenigen, die leider inzwischen in Vergessenheit geraten sind und die wir vermissen.