Reich-Ranicki hat mehr als mit seinen Zeitungsverrissen im Medium Fernsehen Furore gemacht. Sein Schlachtfeld war über mehr als 70 Folgen hinweg das „Literarische Quartett“ des ZDF.
Die Devise seiner Literaturkritik kann man mit zwei, dem Showbusiness entlehnten Begriffen charakterisieren: Hopp oder Topp!
Zwischentöne, Einfühlungsvermögen, die tiefgründige Analyse waren weder gefragt, noch Teil seines Repertoires. Für ihn zählte nur, was ihn interessierte, ihm also persönlich lesens- und erwähnenswert erschien. Dafür haben Tausende ihn geliebt, als literarischen Wegweiser und Orientierungshilfe.
Seinen legitimen Nachfolger und Epigonen hat er in dem bedauerlicherweise jüngst verschiedenen Helmut Karasek gefunden. Immer erfolgreich um den eigenen Unterhaltungswert und die von ihm erwartete Pointe bemüht. Deshalb war es kein Zufall, dass er sich zuletzt überwiegend in Fernsehtalkshows tummelte. Immer einen passenden, rasch zündenden Witz auf den Lippen, als dem direkten Weg, die Zustimmung und Sympathie seines Publikums zu generieren. Nach dem Motto: Ich will doch nur, dass ihr mich liebt.
Und das mittels Schwelgens in Superlativen. Denen es an der Voraussetzung zum Tiefgang mangelte. Mit inhaltlicher Kritik zu brillieren war nicht sein Ding. Trotzdem hat keiner ihm den Rang eines Literaturpapstes streitig gemacht. Weibliche Kritiker hat man dagegen kaum je mit dem Titel einer Literaturpäpstin bedacht. Nur der Mann als solcher ist dazu in der Lage, über den komischen Aspekt einer solchen Rang- und Rollenverteilung hinwegzublicken.
Sich vorzugsweise in Fernsehtalkshows tummelnd, assistiert von Talkmastern, die ungeachtet ihres jeweiligen Geschlechts darauf angewiesen sind, sich ihrerseits um Wirkung zu bemühen, also zu vermeiden, anderen Platz zu machen.
Mit dem traurig stimmenden Verlust des Clowns und liebenswürdigen Tanzbären Helmut Karasek, Hans Dampf in allen Gassen, ist auch der Thron des Literaturpapstes verwaist. Aspiranten dafür sind rar und nur in Ausnahmefällen auszumachen. Wie in der Vergangenheit bieten sich auch in diesem Fall überwiegend männliche Kandidaten dafür an.
Dennis Scheck (ARD „Druckfrisch“) beispielsweise. Der auch in körperlicher Hinsicht über das entsprechende Format dafür verfügt. In seinen der Literaturkritik gewidmeten Auftritten überwiegend in Superlativen schwelgend. Ein Meister der Selbstinszenierung, dem noch der Fehltritt auf der Sprosse des Fallreep eines Dampfers dazu dient, den Unfall, in Gestalt eines Sturz ins kalte Nass, zum Anlass zu nehmen, sich wirkungsvoll in Szene zu setzen. Eher ein Meister des säbelrasselnden Superlativs in der Literaturkritik, als des eleganten Floretts.
Angehöriger eines Gewerbes, dessen Protagonisten man nachsagt, es in ihnen selber mit verhinderten Autoren zu tun zu haben. Dazu da, sich an ihnen vorzugsweise zum eigenen Vorteil abzuarbeiten und in Szene zu setzen.